Die Riester-Rente gibt es nun seit 15 Jahren. Mit über 16 Millionen abgeschlossenen Verträgen genießt sie in Deutschland unbestritten einen hohen Bekanntheitsgrad unter den Angeboten für die Altersvorsorge. Doch ihre Beliebtheit lässt nach. Was ist passiert? riester-rente.net erklärt, wie die Riester-Rente so berühmt geworden ist und was die staatlich geförderte Altersvorsorge heute noch taugt. Finanz- und Altersvorsorgeexperten geben zudem eine Einschätzung, wie die Zukunft der Riester-Rente aussehen wird.
Was war: Das Ziel der Riester-Rente
Die Riester-Rente wurde am 1. Januar 2002 als Reaktion auf die Rentenreform aus dem Jahr 2001 eingeführt. Denn die Änderungen im Rentensystem hatten zur Folge, dass die gesetzliche Rente für künftige Senioren nicht mehr ausreicht, um einen Lebensabend ohne finanzielle Sorgen zu verbringen. Die private Altersvorsorge hat dadurch einen neuen Stellenwert für Sparer erreicht.
Um den privaten Rentenaufbau anzukurbeln, belohnt der Staat seitdem die Vorsorgebemühungen von Riester-Sparern in Form von Zulagen und Steuervorteilen. Von der Förderung profitieren besonders Sparer mit Kindern. Denn für kindergeldberechtigte Kinder gibt es noch einmal Extra-Geld vom Staat. Alle geleisteten Beiträge bis 2.100 Euro können darüber hinaus als Sonderausgaben von der Steuer abgesetzt werden.
Die Zulagen sind seit der Einführung der Riester-Rente deutlich angestiegen, von 38 Euro auf 175 Euro pro Jahr bis 2018. Um die Förderung in voller Höhe zu erhalten, mussten Sparer zwischen 2002 und 2003 ein Prozent ihres Vorjahresbruttoeinkommens in den Riester-Vertrag einzahlen. Seit 2008 müssen sie mindestens vier Prozent des Bruttoverdienstes aus dem Vorjahr ansparen, um die volle Förderung vom Staat zu bekommen.
Auch bei den Kinderzulagen hat sich etwas getan: Pro kindergeldberechtigtes Kind gab es 2002 nur 46 Euro Förderung jährlich. Bis 2008 kletterte die Summe für Eltern auf 185 Euro pro Kind im Jahr. Seitdem gibt es für alle Kinder, die nach 2008 geboren wurden, jedes Jahr sogar 300 Euro für die Eltern.
Was ist: Ist die Riester-Rente gescheitert?
Die Einführung der Riester-Rente hat Millionen von Menschen zur privaten Altersvorsorge animiert. Im Jahr 2016 zählte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) weit über 16 Millionen Riester-Verträge. Die Zahl der Neuabschlüsse geht allerdings bereits seit einigen Jahren zurück und die Riester-Rente gerät wiederholt in Kritik, etwa wegen hoher Abschlusskosten und komplizierter Vertragsklauseln. Ist die Riester-Rente tatsächlich gescheitert, wie es der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer im April 2016 medienwirksam behauptet hat?
Laut einer Bilanz des Max-Planck-Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik ist die Riester-Rente weder gescheitert noch mit Lorbeeren zu überhäufen. Die Abschaffung der Riester-Rente wäre jedenfalls eine falsche Entscheidung, so die Experten. Zu wertvoll seien die bereits erzielten Erfolge, etwa dass die staatlich geförderte Altersvorsorge von der breiten Bevölkerungsschicht als notwendig erkannt wurde.
Was kommt: Wie sieht die Zukunft der Riester-Rente aus
Die Rente wird voraussichtlich eines der zentralen Wahlkampfthemen bei der Bundestagswahl im September 2017 sein. Über die Riester-Rente wird bereits seit einiger Zeit leidenschaftlich debattiert. Mit höheren Freibeträgen und Zulagen will die Regierung wieder mehr Menschen für die Riester-Rente begeistern. Doch reichen diese Maßnahmen aus? Altersvorsorge- und Finanzexperten geben für riester-rente.net ihre Prognosen ab, wie die Riester-Rente in Zukunft aussehen wird.
➽ Interview mit Alexander Hinz von Fairr.de
Wie können Sparer möglichst viel aus ihrer privaten Altersvorsorge herausholen, ohne dabei ein zu hohes Risiko einzugehen? Laut Alexander Hinz von fairr.de funktioniert das am besten mit passiven Geldanlagen wie ETFs. Denn mit ihnen geht weder Geld an einen Fondsmanager verloren noch sind sie besonders riskant. Für Hinz sind ETFs deshalb die Zukunft der staatlich geförderten Riester-Rente.
Alexander Hinz
➽ Interview mit Christof Lützel von der GLS-Bank
Die Riester-Rente ist besser als ihr Ruf, sagt Christof Lützel, Aufsichtsratsmitglied und Pressesprecher der nachhaltigen GLS-Bank. Denn sie unterstützt besonders diejenigen Menschen beim privaten Rentenaufbau, die es am dringendsten nötig haben. Die Zukunft der Riester-Rente sieht er in grün. Denn nachhaltige Geldanlagen können das Vertrauen in die Riester-Vorsorge wieder stärken.
Christof Lützel
➽ Interview mit Matthias W. Birkwald von Die Linke
Der Staat gibt jährlich rund drei Milliarden Euro für die Förderung der Riester-Verträge aus. Dieses Geld wäre Matthias W. Birkwald zufolge in der gesetzlichen Rentenversicherung besser aufgehoben. Seiner Meinung nach sollte es die Riester-Rente nicht mehr geben. Denn durch sie ist kein Mensch besser vor drohender Altersarmut geschützt.
Matthias W. Birkwald
➽ Interview mit Cansel Kiziltepe von der SPD
Die Riester-Rente hat ihr Kernziel verfehlt, sagt Cansel Kiziltepe von der SPD-Bundestagsfraktion. Denn die Vorteile der staatlich geförderten Altersvorsorge kommen oft nicht bei denen an, die sie wirklich benötigen. Anstatt das sinkende Rentenniveau durch private Vorsorge aufzufangen, plädiert Kiziltepe dafür, das Niveau wieder auf über 50 Prozent anzuheben.
Cansel Kiziltepe
➽ Interview mit Michael Huber vom VZ VermögensZentrum
Privat für das Rentenalter vorzusorgen ist laut Michael Huber vom VZ VermögensZentrum heutzutage definitiv notwendig. Doch die Riester-Rente sollte seiner Meinung nach nicht die erste Wahl sein. Andere Sparmöglichkeiten bieten aktuell mehr Rendite. Diese machen die staatliche Förderung in seinen Augen überflüssig.
Michael Huber
➽ Interview mit Anja Karliczek von der CDU
Die Grundidee der Riester-Rente ist genau das, was wir in Deutschland brauchen, findet Anja Karliczek, Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Denn das Zulagenmodell unterstützt die Menschen, die bei der privaten Altersvorsorge wirklich Hilfe brauchen. Mit einigen Anpassungen ist und bleibt die staatlich geförderte Vorsorge der richtige Weg für die Zukunft.
Anja Karliczek
➽ Interview mit Johannes Vogel von der FDP Nordrhein-Westfalen
Die Riester-Rente ist laut dem Generalsekretär der FDP-NRW, Johannes Vogel, ein wichtiger Baustein der privaten Altersvorsorge. Deshalb sollte sie auch für alle Menschen zugänglich sein – unabhängig von der Art ihrer Beschäftigung. So plädiert Vogel dafür, dass ein flexibler Wechsel zwischen Selbstständigkeit und Angestelltenverhältnis mit der Riester-Rente möglich sein müsste.
Johannes Vogel
➽ Interview mit Anette Weiß Gründerin der geld.wert finanzbildung GmbH
Private Vorsorge ist laut der Finanzexpertin Anette Weiß ein Muss für jeden, der seinen Lebensstandard im Alter aufrechterhalten möchte. Gerade Frauen, die oft weniger als Männer verdienen und Auszeiten für die Kindererziehung nehmen, müssen sich privat absichern. Denn die gesetzliche Rente ist nicht dazu konzipiert, künftigen Senioren ein sorgloses Leben im Alter zu ermöglichen. Die Riester-Rente ist laut der Expertin auch in Zukunft eine gute Möglichkeit, die Versorgungslücke möglichst klein zu halten.
Anette Weiß
➽ Interview mit Natascha Wegelin Finanzbloggerin
Natascha Wegelin ist Unternehmerin und Finanzbloggerin. Sie ist überzeugte Selfmade-Woman – auch wenn es um die Altersvorsorge geht. Mit ihrem Blog spricht sie besonders Frauen und junge Menschen an, da diese viel zu wenig für ihren privaten Rentenaufbau tun, obwohl sie es besonders nötig hätten. Die Riester-Rente würde Wegelin dafür prinzipiell empfehlen – aber nur, wenn frau den Vertrag versteht und die Konditionen gut sind.
Natascha Wegelin
➽ Interview mit Markus Kurth von Bündnis 90/Die Grünen
Die Riester-Rente galt einst als Hoffnungsmodell für die private Altersvorsorge, denn sie sollte das absinkende Rentenniveau ausgleichen. Doch dieses Ziel verfehlen viele der geförderten Vorsorgeprodukte, sagt Markus Kurth, rentenpolitischer Sprecher der Grünen. Für ihn ist die Riester-Rente in ihrer jetzigen Form gescheitert. Als Alternative schlägt Kurth unter anderem einen öffentlich verwalteten Bürgerfonds vor.
Markus Kurth
➽ Interview mit Prof. Dr. Christian Scholz von Die-Generation-Z
Jungen Menschen wird heutzutage oft vorgeworfen, sich zu wenig für ihre Rente zu interessieren. Das Gegenteil ist der Fall, sagt der Generationenforscher Prof. Dr. Christian Scholz. Das Rentensystem ignoriere die Bedürfnisse der jungen Menschen und versuche sie nicht einmal mit passenden Angeboten anzusprechen.
Prof. Dr. Christian Scholz
➽ Interview mit Joachim Haid von der Initiative pro Riester
Zu teuer, unflexibel und unrentabel - seit Jahren steht die staatlich geförderte Altersvorsorge in der Kritik. Die Argumente der Riester-Gegner wiederholen sich dabei nicht nur, sondern widersprechen teilweise den Fakten und verunsichern Sparer, weiß Joachim Haid von der Initiative pro Riester. Er fordert daher eine sachliche Auseinandersetzung mit der Riester-Rente.
Joachim Haid
➽ Interview mit Dr. Annabel Oelmann, Vorstand der Verbraucherzentrale Bremen
Die Riester-Rente kommt für viele junge Menschen nicht gerade sexy daher, so der Vorstand der Verbraucherzentrale Bremen, Dr. Annabel Oelmann. 70 Seiten lange Verträge und unverständliche Formulierungen schrecken viele Menschen ab. Umso mehr müssen junge Sparer und Familien gezielt mit passenden Angeboten angesprochen und transparent beraten werden.
Dr. Annabel Oelmann